Vom Experten zur exzellenten Methode

Es ist richtig, dass Sie ein einzigartiger Mensch mit individuellen Begabungen und Fähigkeiten sind. Ihre Art mit Menschen umzugehen, ist nicht kopierbar. Dennoch ist es möglich, Ihre Methodik zu erfassen und diese in Einzelschritte zu zerlegen. Selbst bei komplexen Abläufen folgt ein Schritt dem anderen. Und damit sind wir schon mittendrin in der Transformation vom Experten zur Methode, denn darum geht es - unter anderem.

Wie coachen oder beraten Sie? Was ist der Kern dessen? Was zieht sich wie ein roter Faden durch Ihre Arbeit? Wenn Sie diesen Fragen auf den Grund gehen, werden Sie das Rückgrat Ihrer Beratertätigkeit freilegen. Jetzt ist es an Ihnen, die Einzelnen Wirbel und die ineinandergreifenden Schnittstellen zu identifizieren. Bei der Arbeit daran wird Ihnen eventuell der Gedanke kommen, dass Sie Ihre Methode vereinfachen können, ohne dass die Qualität leidet oder sie - ganz im Gegenteil - sogar besser wird. Geschieht das, haben Sie ganz automatisch reduziert und fokussiert, ein Ansatz, der Sie weit bringen kann.

Strukturen erkennen und schaffen

Als Berater arbeiten Sie nach ganz klaren Strukturen. Sie wickeln Beratungsaufträge prinzipiell ähnlich ab, Ausnahmen gibt es eher selten. Das ist typisch und die Basis, um Ihre Methode daraus zu entwickeln. Ein gängiger Beratungsprozess eines Unternehmensberaters könnte so aussehen:

  • Erstgespräch mit Kunden
  • Angebotserstellung mit Klärung der Inhalte
  • Kick-off-Meeting: Festlegung der Inhalte der kommenden Beratungstage
  • Bearbeitung Thema 1
  • Bearbeitung Thema 2
  • Bearbeitung Thema 3
  • Zusammenfassung der Beratungsergebnisse
  • Bereitstellung von Handlungsempfehlungen

Um einen solchen Prozess skalierbar zu machen und mit einem Hebel zu versehen, brauchen Sie Standards. Die Standards richten sich zum einen auf die Inhalte und zum anderen auf die formale Gestaltung.

Inhalte standardisieren

Verabschieden Sie sich von der individuellen Beratung

Wenn Sie skalierbare Prozesse erarbeiten und in eine Methode transformieren wollen, bleibt Ihnen keine Wahl. Sie geben die individuelle Beratung auf und konzentrieren sich stattdessen auf einige wesentliche Themen. Doch keine Sorge, Sie müssen sich nicht komplett von Ihrer Individualberatung verabschieden. Natürlich steht Ihnen immer die Möglichkeit offen, ein Coaching oder eine Beratung höchstpersönlich durchzuführen. Doch die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es Ihnen Ihr neues Produkt ausnehmend gut gefällt, welches durch Ihren methodischen Ansatz fast von alleine entsteht.

Die geeigneten Inhalte für skalierbare Prozesse finden

Was ist ein Kernthema bei Ihren Kunden? Womit beschäftigen sich 99 Prozent Ihrer Klienten? Diese Themen sind prädestiniert, um sie in eine Methode oder ein digitales Produkt zu transformieren. Je nach Beratungsinhalt und Prozessaufbau können es zahlreiche Einzelschritte sein, die in vielen Fällen automatisierbar sind. Drei Beispiele sollen zeigen, wie so etwas in der Praxis aussehen kann.

Praxisbeispiel 1: Steuerberater/Existenzgründungsberater

Ein Steuerberater begleitet Existenzgründer in der Startphase. Dabei haben fast alle Gründer mit der Kassenbuchführung zu kämpfen. Der Berater entwickelt einen einfachen Lernkurs, der in wenigen Lektionen die Basics vermittelt. Teil des Kurses ist eine Checkliste, in der die typischen Kostenpositionen abgefragt werden, die in der Kasse regelmäßig auftauchen. Anhand der Daten lässt sich ein maßgeschneiderter Kontenrahmen für den Gründer erzeugen, den er fortan nutzt. Diese Aufgabe übernimmt eine Auszubildende im 3. Lehrjahr, sobald der Fragebogen eingereicht wird. Den Praxiskurs bietet der Steuerberater seinen Mandanten exklusiv für einen Sonderpreis an und vertreibt ihn zusätzlich über einschlägige Lernplattformen.

Praxisbeispiel 2: Unternehmensberater/Finanzierungsberater

Ein Unternehmensberater berät Unternehmen in Krisensituationen bei der Finanzierung von betrieblichen Vorhaben. In diesem Zusammenhang begleitet er sie zu Bankgesprächen. Damit das Gespräch möglichst erfolgreich verläuft, bereitet er seine Klienten auch strategisch vor und stimmt seine geplante Vorgehensweise explizit mit Ihnen ab. Er sammelt dadurch viel Erfahrung, weiß aufgrund zahlreicher Referenzerlebnisse, wie sich die Zusagewahrscheinlichkeit einer Bank günstig beeinflussen lässt bzw. welche Sachverhalte erfahrungsgemäß kontraproduktiv wirken. Aus diesem Wissen heraus entwickelt er ein Trainingsprogramm in Form eines Arbeitsbuches für Unternehmen in Krisensituationen zur Vorbereitung und Durchführung von kritischen Bankgesprächen. Im Rahmen seiner Komplettberatung ist das Programm vereinbarter Bestandteil. Zusätzlich bietet er das Buch als Hardcover und als E-Book online an. 

Praxisbeispiel Ingenieur/technische Beratung

Ein Ingenieur musste im Rahmen seiner Beratungstätigkeit für Unternehmen die Anforderungen auflisten, die eine neu zu konstruierende, komplexe Maschine haben muss. Diese Aufgabe erledigte er in einem so genannten Lastenheft, welches standardmäßig genutzt wird, wenn ein technisches Produkt zwecks Angebotseinholung konkretisiert wird. Die Arbeit dauerte aufgrund der Komplexität im Schnitt 6 Wochen und verursachte Kosten von durchschnittlich 8.000 Euro.

Der Ingenieur entwickelte ein standardisiertes Produkt, das es ihm ermöglichte, das Lastenheft innerhalb von 14 Tage zu erstellen. Dazu setzte er hochprofessionelle freie Mitarbeiter ein, mit denen er eine entsprechende Vereinbarung schloss. Sie erstellten die Lastenhefte für 3.500 Euro . Er legte den Verkaufspreis auf 12.500 Euro fest, von denen er 6.250 Euro bei Auftragserteilung und 6.250 Euro nach Fertigstellung abrechnete. Mit der Anzahlung hatte er bereits seine Kosten gedeckt und einen kleinen Gewinn erzielt.

Die Auftraggeber waren zunächst irritiert, weil sie sich nicht vorstellen konnten, dass ein Lastenheft in so kurzer Zeit in der bekannt hohen Qualität zu erstellen ist. Der Ingenieur schlug folgendes vor: Sollte das Lastenheft in der vereinbarten Qualität nicht innerhalb von 14 Tage fertig sein, würde er den zweiten Teil der Zahlung erlassen und die Nachbesserung auf eigene Rechnung schnellstmöglich vornehmen. Das Ergebnis: Die Kunden akzeptieren diesen Vorschlag, sind aber in der Regel mit der Qualität des Lastenheftes zufrieden. Der Ingenieur hat nun die Hauptaufgabe, neue Aufträge zu generieren, währen die Erstellung des Lastenheftes im nachfolgenden Schritt automatisch erledigt wird. Der daraus resultierende Umsatz ergibt sich unabhängig von seiner Zeit.

Was können Sie standardisieren?

Anhand der Beispiele erkennen Sie, wie sich aus einem einzelnen Arbeitsschritt ein skalierbares Produkt entwickeln lässt. Eine wesentliche Frage, die Sie sich bei der Überprüfung der einzelnen Prozessschritte stellen müssen, lautet also: Lässt sich ein Schritt mit Hilfe eines Standardprozesses bearbeiten? Wenn ja, sparen Sie langfristig Zeit und verdienen mehr Geld.

Der Unterschied zwischen Skalierbarkeit und Hebelwirkung

Um sich aus der Zeit-gegen-Geld-Falle zu befreien, können Sie von zwei Stellschrauben profitieren: Von der Skalierbarkeit und von der Hebelwirkung. Der Unterschied ist dieser:

Skalierbar wird Ihre Leistung, wenn Sie sie in ein reproduzierbares Produkt transformieren, zum Beispiel in ein Lastenheft, wie der Ingenieur aus dem dritten Beispiel oder das Kassenbuch aus dem ersten Beispiel. Ein Produkt kann auch ein Buch, ein Audit oder ein Onlinekurs sein. Die Hebelwirkung erreichen Sie über den Kosten-Nutzen-Effekt, also im Beispiel des Lastenheftes über das Verhältnis der Kosten für die externen Mitarbeiter zum Verkaufspreis.  

Welche Produkte eigen sich für welche Leistung?

Raus aus der Stundenfalle heiß gleichzeitig, sich ein ambitioniertes Ziel zu stecken. Das Ziel ist, mit verringertem Aufwand und in kürzerer Zeit mehr Umsatz zu generieren, um unabhängig und weitgehend frei von fremdbestimmter "Stundenlohnarbeit" tätig zu sein.

Wenn jemand einfach eine Lösung haben will, ohne selbst das nötige Wissen zu erlangen, um die Lösung selbst zu erarbeiten, dann lässt sich ein Productized Service (wie das Lastenheft) gut etablieren. Dabei ersetzen Berater das einstmals individuell erarbeitete Ergebnis Baustein für Baustein durch smarte Prozesse und verkaufen eine Lösung zum Festpreis.

Will aber ein Kunde etwas lernen, um es selber zu machen - zum Beispiel die Gründung eines Unternehmens oder die Entwicklung bestimmter unternehmerischer Fähigkeiten, dann sind Onlinekurse und Handbücher/Workbooks die klügere Wahl. Diese werden ebenfalls einmal grundlegend konzipiert und dann vielfach verkauft.

Fortlaufende Verbesserung nicht vergessen!

So schön es klingt, dass ein einmalig entwickeltes digitales Produkt vielfach verkauft wird, so gefährlich ist es, es nicht weiter zu verbessern. Sie sollten es sich zur Aufgabe mache, die Qualität Ihres Produkts fortlaufend zu verbessern. Prüfen Sie die Reaktionen der Kunden, nehmen Sie Feedback auf und feilen Sie regelmäßig daran, um es zum besten Produkt zu machen, das Sie kreieren können. Behandeln Sie das Produkt wie die Gans, die goldene Eier legt: mit ausgesuchter Aufmerksamkeit. Dann wird sich aus dem smarten Produkt mit großer Wahrscheinlichkeit eine Erfolgsgeschichte entwickeln.

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