New Work

Allerdings leben fast 40 Prozent weder in der Nähe eines Strandes, noch in einer Großstadt. Tatsächlich lebt ein großer Teil der arbeitenden Bevölkerung in Kommunen mit weniger als 50.000 Einwohnern. Auch hier gibt es spannende New-Work-Konzepte für sie. Zugegeben, die Initiativen und Projekte sind (noch) rar gesät, doch sie zeigen auf, dass Potenzial vorhanden ist und dass es sich heben lässt. 

Wie kann New Work auf dem Land funktionieren? Wir stellen Akteure vor, die in diesem Themenfeld unterwegs sind und tauchen zuvor in die Hintergründe von New Work ein.

Die Theorie: weg von der abhängigen Beschäftigung, hin zur Selbstbestimmung

Der Kern des New-Work-Gedankens zielt darauf ab, dass jeder in selbstbestimmter Form arbeiten kann. Das bedeutet für jeden mehr Freiräume im Arbeitsalltag und mehr Eigenverantwortung. Arbeit soll Spaß machen und Sinn stiften. Im besten Fall lassen sich persönliche Weiterentwicklung und berufliche Perspektiven so miteinander verbinden, dass Arbeit unabhängig vom Ort und von der Tageszeit möglich wird.

Es liegt auf der Hand, dass dies nur dann umsetzbar ist, wenn alle Beteiligten umfassend miteinander vernetzt und kooperativ sind. Der Arbeitsplatz muss entsprechend ausgestattet, das technische Equipment leistungsfähig sein. Zusätzlich erfordert das Arbeiten in einer solchen Umgebung spezielle Skills. Vor allem muss die alltägliche Kommunikation stimmen, denn es arbeiten Menschen mit und für Menschen. Die Technik ist nur ein Medium, das es zu handhaben gilt. 

Teamarbeit oder Soloarbeit mit Extras

New Work bedeutet oft – nicht immer -, dass interdisziplinäre Teams zusammen an einem Projekt arbeiten. Jeder einzelne bringt eine individuelle Sichtweise und individuelle Expertisen mit. Die vielfältigen Facetten von heterogenen Teams bringen Vorteile: kreativer Austausch, neue Denkansätze und oft effiziente Lösungen. Auch für EinzelkämpferInnen, die still in ihrem eigenen Büro zu Hause mit Blick ins Grüne arbeiten, böte ein Zentrum mit schnellem Internet und einer darüber hinausgehenden modernen Infrastruktur viele Vorteile. Dazu gehören etwa Kooperationspotenzial, soziale Interaktionen und neue Blickwinkel sowie Denkanstöße. Das alles bereichert den Arbeitsalltag und trägt dazu bei, sich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln. 

Kannst du dir vorstellen, in einem inspirierenden und lebhaften Umfeld zu arbeiten? Um dies tatsächlich zu realisieren, ist Engagement gefragt. Die Theorie klingt spannend, doch wo findest du das schon auf dem Land?

Strukturen und Nachfrage: Was ist nötig?

Es braucht dafür grundlegende Strukturen, die mindestens in Form von handfesten Co-Working-Spaces, schnellem Internet und Wohnmöglichkeiten in der Nähe bestehen. Die Chancen stehen gut, dass diese Anforderungen  in Zukunft immer mehr erfüllt werden. Schließlich sind Co-Working-Spaces gut für die Umwelt, sichern Fachkräfte im ländlichen Raum und tragen einen wesentlichen Teil dazu bei, Arbeits- und Privatleben miteinander in Einklang zu bringen. 

Doch Strukturen werden nur da geschaffen, wo engagierte und interessierte Menschen initial aktiv werden oder auf Angebote reagieren, die sie mit Leben füllen und praktisch beanspruchen. 

Tatsächlich erfordert es mehr als reines Interesse, um im Sinne des New Work außerhalb von Ballungszentren durchzustarten. Ein bisschen Pioniergeist kann jedenfalls nicht schaden. Dies gilt nicht nur für Stadtentwickler und Gemeinden, sondern beispielsweise auch für Freelancer, Firmen und deren Mitarbeitende. Wenn du selbst aktiv wirst und dich an der richtigen Stelle einbringst, kannst du ein Stück weit die Zukunft der Arbeitswelt mitgestalten. 

Die Praxis: Bertelsmann-Stiftung, Neulandia & New Work uffm Land

Es gibt eine ganze Reihe von Ansätzen, die sich mit der bestehenden Situation in Deutschland unter den Blickwinkeln Digitalisierung und Arbeit sowie Lebens- und Wohnqualität auseinandersetzen.

Einerseits gibt es eine Handvoll Städte und Gemeinden, die dringend nach kreativen Gestaltern der digitalen Zukunft für ihre Kommune suchen. Andererseits suchen in Großstädten und Ballungszentren viele kreative Köpfe und webbasiert arbeitende UnternehmerInnen nach dem Austausch mit Gleichgesinnten. Der Austausch untereinander ist in Großstädten kein Problem, denn der persönliche Kontakt lässt sich schnell und unkompliziert realisieren. Weniger unkompliziert (und bezahlbar) ist es, geeignete Räume zur Entfaltung von Ideen zu finden und diese zu tragfähigen Geschäftsmodellen weiterzuentwickeln. Es hapert vor allem in Ballungszentren an den praktischen Umsetzungsmöglichkeiten, denn wo viele dasselbe wollen, ist die Konkurrenz groß. Büros sind knapp, Co-Working-Space oft überfüllt, laut und unpersönlich. Ohne eine gute Portion Glück, die richtigen Kontakte und ein gewisses Maß an Finanzkraft ist es recht schwer, ein geeignetes Umfeld zu erschaffen, in dem die eigene Geschäftsidee wirklich aufleben kann. 

Inzwischen haben sich Stiftungen, Initiativen und Firmen gefunden, die die Chancen von New Work außerhalb der Ballungszentren längst erkannt haben. Sie bieten schon heute Modellprojekte wie digitales Probearbeiten auf dem Land und Coworking-Angebote im Grünen an. Die Möglichkeiten wachsen mit der Nachfrage und es liegt auch an dir, wie rasch die Entwicklung voranschreitet.

Studie der Bertelsmann-Stiftung: Die Zukunft hat auf dem Land längst begonnen

Die Bertelsmann-Stiftung hat 2020 in der Studie “Coworking im ländlichen Raum” zahlreiche Aspekte der Arbeitsorganisation untersucht, die im Zusammenhang mit der fortschreitenden Technisierung stehen und es immer mehr Menschen ermöglichen, an einem Ort ihrer Wahl oder zu einem Zeitpunkt ihrer Wahl zu arbeiten. 

Die Stiftung stuft die Zielgruppe für digital neu erschlossene (Co-) Working-Spaces als breit ein: Menschen ohne akademische Ausbildung profitieren genauso wie Studierte, Angestellte, kreative Köpfe, HandwerkerInnen, LehrerInnen und Angehörige der IT-Branche. Wenn festangestellte Pendler künftig im Coworking-Space gute Bedingungen vorfinden, um zu arbeiten und sich auszutauschen, könnte der Trend zu einem Massenphänomen im ländlichen Raum werden. Firmen mieten Arbeitsplätze dezentral an, Mitarbeiter sparen lange Anfahrtswege und müssen in der eigenen Wohnung keinen zusätzlichen Arbeitsplatz mit allen erforderlichen technischen und administrativen Merkmalen einrichten.

Allerdings fehlen auf dem Land oft noch Finanzpartner, die in New-Work-Projekte investieren und auch Städte und Gemeinden zögern noch, so gelagerte Projektentwicklungen zu forcieren. Doch ein paar mutige Vorreiter sind aktiv. Vielleicht findest du bei Neulandia oder New Work uffm Land einen Anknüpfungspunkt, der dich in puncto neue Arbeitswelt einen entscheidenden Schritt nach vorn bringt. 

Neulandia UG: Leben und arbeiten auf dem Land zur Probe

Die Idee von Neulandia ist, Interessierten eine Probephase von 6 Monaten auf dem Land zu ermöglichen, bei der sie mit Gleichgesinnten zusammenkommen und in der Gemeinschaft digital arbeiten. Das Projekt nennt die Unternehmergesellschaft “Summer of Pioneers”. Ihr Ansatz liegt darin, dass es ländliche Städte und Gemeinden gibt, die auf der Suche nach digitalen GestalterInnen sind. Das heißt, wer eine Idee in die Praxis überführen will, ist bei diesem Projekt genau richtig. Neulandia konzipiert in Zusammenarbeit mit den interessierten Kommunen “ein Rundum-sorglos-Paket bestehend aus möblierten Wohnungen, einem Co-Working-Space und einer Community aus Kreativen und DigitalarbeiterInnen” – und das alles mitten im Grünen.

Neulandia ist schon einige Jahre aktiv. Mehr Informationen gibt es auf www.neulandia.de. Der folgende Akteur New Work uffm Land ist Kooperationspartner von Neulandia.

New Work uffm Land

Bei New Work uffm Land geht es um zukunftsorientierte Arbeit im Südschwarzwald und am Hochrhein – also da, wo andere Urlaub machen. Die Initiative berät Unternehmen, Kommunen und Institutionen rund um den Themenkomplex New Work im ländlichen Raum. Sie bringt alle Akteure an einen Tisch und entwickelt individuelle und “enkeltaugliche” Konzepte. Hier kannst du an der Basis mitgestalten und dich und deine Ideen von Anfang an einbringen. Die Transformation muss keine Worthülse bleiben, denn du kannst sie mit sinnstiftenden Konzepten füllen, indem du dich frühzeitig einbringst. Hast du die Idee, ein Dorfbüro einzurichten oder hältst einen Think-Tank in deiner Region für unverzichtbar? Dann findest du bei New Work uffm Land Unterstützung bei der Weiterentwicklung deiner Ideen. Alle weiteren Infos findest du unter www.newwork-uffm-land.de.

Fazit: Aktiv werden

Wer New Work aktiv mitgestalten will, hat gute Chancen auch außerhalb von urbanen Ballungszentren. Es gibt bereits richtungsweisende Angebote in ganz Deutschland, die auf kreative Macher warten.

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