Darüber hinaus stehen viele Gründerinnen vor der Herausforderung, wenn Kinder da sind, die Energie und Zeit so aufzuteilen, dass keine Seite zu kurz kommt. Oder zumindest, dass gerade im familiären Bereich die Dinge neu geordnet werden müssen, damit die Selbstständigkeit funktionieren kann. Es gibt halt immer noch die klassische Rollenverteilung, deshalb muss eine Beratung von Frauen diese Lebensumstände auf jeden Fall mit einbeziehen und berücksichtigen.
Frauen sind auch stärker auf der Sinnsuche in dem Plan, sich selbstständig zu machen. Hier konzentrieren sie sich stark auf ihre Idee und sind damit identifiziert. Es geht also häufig weniger darum, ein „Big Business“' zu starten, sondern ein Unternehmen zu gründen, in dem sich die eigenen Werte spiegeln.
Umfragen und Untersuchungen belegen, dass Frauengründungen durchaus sehr erfolgreich sind. Was machen Frauen besser oder anders als Männer?
Gründet eine Frau, dann ist die Idee für den Erfolg fast immer zweitrangig. Erfolgreiche Frauen haben bestimmte Eigenschaften: Sie verfolgen mit Energie ihr Ziel, sie sind selbstbewusst, was den Wert ihrer Leistung anbelangt und sie versuchen nicht gleichzeitig auch noch eine perfekte Mutter und/oder Ehefrau zu sein. Sie gehen davon aus, dass Kinder und Mann sie unterstützen müssen in dem Prozess und brechen nicht selten die alten Rollenbilder auf.
In den meisten von uns tummelt sich noch das Klischee, dass Mädchen aufgrund ihrer Gehirnstruktur nicht allzu große Mathematikgenies sind. Stimmt das? Tun sich Frauen allgemein mit Zahlen schwerer?
Aus meiner Sicht, haben beide Geschlechter gleichermaßen eine Abneigung, sich mit Zahlen zu beschäftigen. Das liegt daran, dass die nackten Zahlen eben ehrlich sind und den einen oder anderen aus der romantischen Verklärung auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Zahlen sind eben die Sprache, die mir verrät, ob ein Unternehmen sich tragen wird oder nicht. Sie sind aber auch die Sprache, die mir zeigt, welche Maßnahmen ich einleiten sollte um mein Geschäft tragfähig zu machen oder zu halten. Wenn beide – Männer und Frauen – das verstanden haben, sich sozusagen mit dieser Sprache vertraut gemacht haben, ist ein wichtiger Schritt geschafft. Aber wie gesagt, das ist unabhängig vom Geschlecht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Frauen eher vorsichtig an die Unternehmensgründung herangehen. Also lieber kleinere Brötchen backen und langsamer wachsen.
Was würden Sie Frauen, die noch hadern, raten? Lohnt es sich zu gründen?
Gründung muss zur Persönlichkeit passen. Das Wertesystem ist entscheidend. Wenn hier Werte wie zum Beispiel Sicherheit und Unabhängigkeit kollidieren, wird es schwer. Der Wunsch nach Selbstständigkeit sollte so groß sein, dass er über Phasen des Zweifels trägt, sonst ist die Gefahr groß, frühzeitig aufzugeben. Das ist also eine in erster Linie eine Typfrage, weniger eine Frage des Geschlechts. Ich denke, das Frauen sehr erfolgreich Unternehmen starten können. Das sehen wir besonders in letzter Zeit, da der Anteil der Frauengründungen langsam aber sichtbar steigt. Ich habe so viele tolle Unternehmerinnen beraten dürfen, die wirklich etwas in die Welt bringen und großartige Ideen verwirklicht haben. Und selbst die, die eher unsichtbar sind, weil sie allein selbstständig im Home-Office arbeiten und das, was sie tun, selten an die Öffentlichkeit dringt. Auch sie haben irgendwann mal den Mut gehabt, Sicherheiten aufzugeben und ins kalte Wasser zu springen. Das sind Vorbilder und jede Frau, die gründen möchte, sollte sich solche Beispiele suchen und sich an denen, die es schon gewagt haben, orientieren.