Ein Beitrag von Jeannette Hagen. In ein paar Tagen hätte Christo, der mit ganzem Namen Christo Wladimirow Jawaschew hieß, seinen 85. Geburtstag gefeiert. Kein Grund für ihn sich auszuruhen, kein Grund, Pläne ad acta zu legen. Ausstellungen in Berlin und Paris standen an, im Herbst die Verhüllung des Arc de Triomphe. Irgendwo habe ich gelesen, dass in Christos Atelier keine Stühle standen, weil er nicht ruhen wollte. Er wusste wie kaum ein anderer um die Vergänglichkeit allen Seins und hat sie in wunderbaren Kunstwerken sichtbar gemacht. Es ging allein ums Tun, um die Realisierung. Den Sinn sollten der oder die Betrachter*in selbst finden.

Auf meiner Bildfläche tauchte Christo erst auf, als er und seine Frau 1995 den Berliner Reichstag verhüllten. Heute kann ich nur den Kopf darüber schütteln, wie ignorant ich damals war. Mir ging der ganze Rummel auf die Nerven, ich konnte mir auch nicht vorstellen, was das alles sollte, warum man so ein Bohei um diese Verhüllung macht. Und dann stand ich eines Abends doch davor und war so berührt, dass ich von da an jeden Tag hingefahren bin und gestaunt habe: über das Farbenspiel, über die Sanftheit, über die Stimmung, die sich ringsherum ausbreitete, über die Geräusche, über das, was der Anblick in mir ausgelöst hat. Als die Stoffbahnen nach 14 Tagen entfernt wurden, habe ich geweint, weil ich das alles nicht loslassen und verlieren wollte.

Erst im Nachhinein habe ich mich mit dem Künstlerpaar auseinandergesetzt. Habe gelesen, wie viele Jahre Vorbereitung in ihren Werken steckten. Wie viel Überzeugungsarbeit sie leisten mussten. Für die Verhüllung des Reichstages brauchte es einen eigenen Bundestagsbeschluss. Seit 1971 waren Christo und Jeanne-Claude mit dem Projekt beschäftigt, ehe es 1995 Realität wurde. Für die Finanzierung verkauften sie Skizzen, Modelle, Grafiken, nahmen am Ende noch einen Bankkredit auf. Nur nicht abhängig von Fremdgeld sein. Das war eine ihrer Devisen.

Zeigen was ist, in dem man es verhüllt. Ging es darum? War Vergänglichkeit das Thema? Oder Kunst rauszuholen aus den Räumen, aus dem Mief, aus dem „was ist, was war und was immer so sein sollte“? Christo und seine Frau Jeanne-Claude haben Werke geschaffen, die niemand für möglich gehalten hätte. Allein das ist etwas, das wir von ihnen lernen können. An sich und Projekte zu glauben, selbst wenn erst einmal alle ringsherum sagen, dass es unmöglich ist.

Ihre Werke selbst waren nicht verkäuflich, man konnte sie „nur“ erleben. Würde man sie in eine Schublade stecken wollen, dann wohl in die der „Sozialen Plastik“. Es waren Werke, die für alle zugänglich waren und doch wiederum nicht, weil ihre Botschaft nicht von jedem verstanden wurde. Es gibt eben Momente im Leben, in denen man die Kontrolle abgeben, seine Konzepte aufgeben muss, um den Augenblick mit allen Sinnen erfassen zu können.

Wahrscheinlich war das das größte Geschenk, was in allem steckte, was die beiden Ausnahmekünstler*in geschaffen haben. Mich hat der Anblick des verhüllten Reichtags verwandelt. Für eine kurze Zeit hat er die ganze Stadt verwandelt. Bis der Zauber irgendwann verblasste und die alten Manuskripte wieder gelebt wurden. Natürlich nicht ohne Wehmut. Wenn ich heute den Reichstag sehe, sehe ich ihn verhüllt.

In Berlin kann man derzeit in einer Ausstellung Bilder, Skizzen und Dokumente über die Verhüllung des Reichtags sehen:

Museumsportal Berlin: Christo und Jeanne Claude Projects

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