Manipulation und Qualitätsabbruch: Psychologische Effekte von Preisen

Jeder von uns ist manipulierbar. Im Buch “Wir sind das Kapital“ von Günter Faltin wird zur Erklärung dessen ein Wein-Test vorgestellt. Dieser funktioniert so:

In einem Test werden Probanden drei Gläser Wein angeboten. Sie werden als einfache, mittlere und hohe Qualität mit den entsprechenden Preisen (niedrig, mittel, hoch) etikettiert. Die Probanden sollen ihr Qualitätsurteil zu jeder einzelnen Sorte abgeben. Beim Test werden parallel die Geschmackszentren der getesteten Personen überprüft. Der Gehirnscan dient dazu, Diskrepanzen zwischen dem, was Probanden sagen und dem, was sie schmecken, aufzudecken. Ziel ist, die tatsächlichen Empfindungen herauszufinden.

Das Ergebnis des Tests war wenig überraschend. Die meisten Probanden nahmen Qualitätsunterschiede bei den Weinsorten wahr. Im Allgemeinen bewerteten sie die Qualität eines Weines mit steigendem Preis besser. Das, was Probanden sagten, stimmte mit dem Geschmacksempfinden überein, welches beim Hirnscan festgestellt wurde. Der teure Wein schmeckte subjektiv besser als günstige. So weit, so gut. Doch eine Sache wurde den Probanden verschwiegen. In jedem Glas befand sich der gleiche Wein.

Gleicher Wein, unterschiedliches Geschmackserlebnis

Wie kommt es, dass der gleiche Wein unterschiedlich gut schmeckt? Die Ergebnisse des Tests zeigten, dass die Informationen über den Preis dazu führten, dass Probanden Unterschiede im Geschmack feststellten. Da das Areal im Gehirn einen Qualitätsunterschied meldete, waren die Probanden wahrhaftig davon überzeugt, dass der teure Wein besser schmeckte als der günstige.

Hoher Preis = hohe Qualitätswahrnehmung

Aus dem Experiment lässt sich ableiten, dass sich die Qualitätswahrnehmung am Preis orientiert. Preise zu erhöhen scheint also legitim, sie wird ja geradezu von Verbrauchern verlangt! Verbraucher schätzen den Wert eines Produkts subjektiv höher ein, wenn der Preis höher ist, obwohl es dafür keine objektiven Kriterien gibt. Verrückte Psychologie.

Wenn hohe Preise eine hohe Qualität signalisieren, bedeuten folgerichtig niedrige Preise schlechte Qualität. Im Hinterkopf haben Verbraucher, das teuer gleich gut und billig gleich schlecht ist. Doch wiegt die Psychologie wirklich mehr als die Produktqualität?

Es ist verlockend, mehr Geld aus Kunden herauszuholen, wenn diese bereitwillig einen höheren Preis dafür bezahlen. Verbraucher sind manipulierbar und es ist ein Leichtes, sie zu betrügen. An dieser Stelle wird deutlich, warum Firmen so viel Geld in ihr Marketing stecken: Wenn eine Marke eine hohe Qualität suggeriert (die sachlich betrachtet nicht gegeben ist), ziehen die Preise mit und sind bei Verbrauchern durchsetzbar.

Abbruchkante der Qualität

Kennst du die Abbruchkante der Qualität? Professor Faltin zieht dafür dieses Beispiel heran:

Wird Wein mit etwas Wasser verdünnt, fällt das niemandem auf. Wenn mehr Wasser dazugegeben wird, ist bald der Punkt erreicht, an dem du bemerkst, dass mit der Qualität des Weines etwas nicht in Ordnung ist. Diesen Punkt nennt man Abbruchkante der Qualität.

Die Qualität des Weines nimmt subjektiv betrachtet nicht in dem Maße ab, wie Wasser hinzugefügt wird. Der Qualitätsabbruch zeigt sich an einer ganz bestimmten Stelle, und zwar massiv. Objektiv betrachtet ändert sich die Qualität natürlich in dem Moment, wo nur ein einziger Tropfen Wasser hinzugegeben wird. Die Grauzone zwischen dem ersten Tropfen und der Abbruchkante ist verführerisch, denn hier lässt sich, ohne dass Kunden es merken, an der Qualität und damit an den Kosten sparen. Das maximiert die Gewinnspanne. Hier stehst du vor einem Scheideweg. Wie entscheidest du dich? Gehörst du in die Gruppe derer, die kleine oder große Täuschungsmanöver initiieren? Oder bist du es grundsätzlich leid, selbst getäuscht zu werden und willst deine Kunden offen und fair behandeln? Produktwahrheit und Transparenz, statt Aufbau und Pflege einer Luxusmarke Erklären statt verklären. Was ist deine Wahl?

Freundes-Ökonomie als Schlüssel 

Um die Idee der Freundes Ökonomie deutlich zu machen, greift Professor Faltin zu einem Beispiel von einem Studenten, welches unter dem Label “entrepreneurship by chance“ laufen könnte:

Der Student stellte bei einem Aufenthalt auf einem italienischen Bauernhof fest, dass Gäste bei der Abreise häufig das auf dem Bauernhof hergestellt Olivenöl mitnahmen, weil es gut und preiswert sei. Er packte einige Flaschen ein, um es zu Hause weiterzuverkaufen. Das gelang, seine Freunde hielten das Produkt für gut. Es war besser und günstiger als das Produkt im Handel und sie bestellten es bei ihm nach. Daraus ergab sich ein kleiner Handel, der auf einen Kundenstamm von 400 anwuchs. Der Student verkaufte seine Firma für 30.000 € an Tengelmann.

Das Beispiel zeigt, dass du gut daran tust, die Augen nach Chancen offenzuhalten. Ein entrepreneurship werden muss aber kein Zufall sein. Du kannst es systematisch angehen. Und so funktioniert das Prinzip: 

 

  • Wähle ein Produkt

  •  mache dich mit ihm vertraut und recherchiere alles Notwendige

  •  verbessere das Produkt

  •  kläre fragen wie Inhaltsstoffe, Packungsgrößen und Verpackungsmaterialien

  •  finde einen Fabrikant

  •  lasse das Produkt in guter Qualität produzieren

  •  verkaufe das Produkt zu einem konkurrenzlos guten Preis an Freunde und Bekannte

 

Siehst du auf diesem Weg irgendeinen Marketing-Position? Nein, und das ist auch nicht nötig. Über den Weg der Freundes-Ökonomie vertreibst du das Angebot im Freundeskreis. Du verkaufst ein gutes Produkt zu einem günstigen Preis, ohne etwas aufzuschwatzen. Die Qualität des Produkts spricht für sich und das Angebot hat gute Chancen, einen Durchbruch zu erzielen.

 

Jetzt bist du dran: Welches Ideenkind möchtest du weiterentwickeln?

Wo stehst du gerade? Hast du eine oder mehrere Ideen, die du weiterentwickeln möchtest? Möchtest du herausfinden, ob das Potenzial für ein tragfähiges Geschäftsmodell darin schlummert? Oder ist deine Idee schon ausgereift, doch es hakt an der ein oder anderen Stelle? Dann ist die Komponente “Prüfe dein Konzept” genau richtig für dich. Sie setzt da an, wo du aktuell stehst und unterstützt dich dabei, ein stimmiges Konzept zu entwickeln, weiter zu entwickeln und stetig zu verbessern. Wir wünschen dir dabei viele Erfolg!

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Kirsten Kohlhaw ist langjährige Kooperationspartnerin des Komponentenportals. Sie ist Mentorin und Coachin, sie arbeitet mit zwanzigjährigen Studierenden und Erstgründern, mit Angestellten, Selbstständigen und UnternehmerInnen. Ihre Kunden sind zwischen 20 und 60 Jahre jung. Was sie alle eint: Der Wunsch nach einer sinnstiftenden Existenz und der Drang, Problemlösungen selber anzupacken. Ökonomie anders zu leben. In den letzten Jahren hat sich Kirstens Erfahrungsschatz enorm erweitert. Wie sie arbeitet und warum sie davon überzeugt ist, dass Krisenzeiten spannende Chancen bieten, hat sie uns im Interview erzählt.

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