Was sich verändert – und warum das wichtig ist
Gerade in Berufen, in denen es um kreative Lösungen, Beratung oder konzeptionelles Denken geht, gerät das alte Modell ins Wanken. Denn in einer Arbeitswelt, die immer beweglicher wird, passt die alte Formel „Zeit = Geld“ oft nicht mehr.
Wenn du in einem klassischen Auftrag arbeitest – etwa als Handwerker, Texterin oder Entwickler – ist es logisch, dass Zeit und Aufwand eine Rolle spielen. Aber selbst dort verschieben sich die Erwartungen. Kunden kaufen Ergebnisse. Sie wollen das gute Gefühl, dass sich etwas bewegt. Je komplexer oder individueller dein Angebot ist, desto schwieriger wird es, den Wert deiner Arbeit in Minuten und Stunden zu pressen. Vor allem dann, wenn du Dinge liefern kannst, die andere so nicht liefern. Zum Beispiel eine Idee, die den Knoten löst. Ein Gespräch, das Klarheit bringt. Eine Frage, die mehr bewegt als jede PowerPoint.
Ich kenne Unternehmer:innen, die in einer halben Stunde mehr bewirken als andere in drei Tagen. Nicht, weil sie hetzen, sondern weil sie die Erfahrung haben, die richtigen Punkte zu treffen. Weil sie spüren, was fehlt. Oder weil sie aus Erfahrung durchblicken, wo andere noch suchen. Und dann ist es fast schon paradox: Je besser jemand ist, desto schneller geht’s – und desto schwieriger wird es, das mit dem Stundensatz zu rechtfertigen.
Wirkung statt Minuten
In vielen Bereichen geht es nicht um den Zeitaufwand, sondern um die Wirkung, um den Unterschied, den du machst. Im Fokus steht die Veränderung, die durch deine Arbeit möglich wird. Und das lässt sich nicht auf eine Zeitspanne reduzieren.
Wenn du in einem Coaching jemanden in zwei Stunden von einem Punkt A nach Punkt B bringst – und derjenige baut danach zum Beispiel sein eigenes Business komplett um – dann geht es um Vertrauen, Mut, Bewegung. Genau das ist es, was bezahlt wird und nicht die Dauer des Coachings. Deshalb sind immer mehr Selbstständige und Unternehmer:innen dabei, ihr Preismodell zu überdenken. Weg vom reinen „Zeit gegen Geld“ und hin zu einer fairen Einschätzung dessen, was ihre Arbeit beim Gegenüber auslöst.
Was Kund:innen wirklich kaufen
Oft denken wir: „Die Leute kaufen mein Angebot – eine Beratung, ein Design, einen Workshop.“ Aber das stimmt nur teilweise. Sie kaufen auch andere Dinge, die wir oft übersehen.
- Zum Beispiel Vertrauen. Dass du weißt, was du tust. Dass du mitdenkst, mitfühlst, mitgehst.
- Oder Klarheit. Dass du es schaffst, komplexe Themen einfach zu machen. Dass du Orientierung gibst. Und auch Haltung.
- Dass du zu dem stehst, was du anbietest. Dass du Entscheidungen triffst, auch wenn sie nicht jedem gefallen. Dass du nicht rumeierst.
Diese Dinge sind schwer greifbar, aber unglaublich wichtig. Dies gilt umso mehr in der aktuellen Phase, in der Inhalte beliebig wirken und austauschbar scheinen. Deine Fähigkeiten und Werte beeinflussen deinen Preis. Denn je klarer du bist, desto mehr Sicherheit gibst du. Und das hat jenseits von Stundensätzen einen Wert.
Neue Modelle – neue Möglichkeiten
Inzwischen gibt es viele Wege, mit Preisgestaltung anders umzugehen. Und nein, es geht nicht darum, alles umzuwerfen. Aber vielleicht lohnt es sich, neue Ansätze zumindest mal zu durchdenken.
Einige arbeiten mit Preisspannen statt Fixbeträgen. Andere bieten Monatsbeiträge mit flexibler Laufzeit. Wieder andere lassen ihre Kund:innen den Preis vorschlagen und entscheiden dann, ob sie das Projekt zu diesem Preis machen.
Klingt mutig? Ist es auch. Und es kann sich lohnen. Ich kenne einen Freelancer, der das seit Jahren so macht. Und er sagt: Manche zahlen weniger, als er gedacht hätte. Aber viele zahlen auch mehr. Und vor allem: Die Gespräche sind ehrlicher geworden. Weniger Schachspiel und Taktieren, dafür mehr Zusammenarbeit.
Natürlich funktioniert das nicht in jedem Kontext, aber wo es funktioniert, wird klar, dass Preise Ausdruck der Wertschätzung deiner Arbeit sind.
Offenheit hilft auch beim Thema Geld
Viele Menschen tun sich schwer, über Geld zu sprechen. Vor allem dann, wenn sie etwas anbieten, das nicht „anfassbar“ ist. So etwas wie Gedanken, Struktur oder Perspektive. Wenn du solche Leistungen anbietest, ist es wichtig, nicht um den Preis herumzutanzen, sondern sich zu positionieren. Wenn du erklären kannst, warum etwas soundsoviel kostet, schaffst du Vertrauen. Wenn du hinter dem stehst, was du verlangst, wirkst du glaubwürdig.
Du musst dich nicht rechtfertigen, aber du solltest klar und bereit sein, darüber zu reden. Das könnte zum Beispiel so aussehen:
„Mir ist wichtig, dass du weißt, wofür du bezahlst.“ Oder: „Ich verkaufe keine Zeit – ich verkaufe eine Lösung.“ Das ist eine Einladung zum Gespräch auf Augenhöhe.
Und jetzt?
Wenn du beim Lesen das Gefühl hattest, dass deine aktuelle Preislogik nicht mehr zu dem passt, was du wirklich leistest, dann bist du nicht allein. Viele von uns sind irgendwann in ein Modell hineingewachsen, das sich überholt anfühlt. Nicht falsch, aber eben nicht mehr stimmig.
Vielleicht spürst du, dass du längst mehr gibst, als auf der Rechnung steht. Dass du mitdenkst, begleitest, Verantwortung übernimmst, aber immer noch nach Aufwand abrechnest, weil man das eben so macht.
Dann wäre jetzt ein guter Moment, ehrlich draufzuschauen und zu prüfen, wo du dich gerade unter Wert verkaufst. Oder warum du bei bestimmten Preisen ein schlechtes Gefühl hast und ob du das so lassen möchtest.
Preisgestaltung ist kein Zahlenspiel. Er ist ein Spiegel deiner eigenen Wertschätzung.
Preise entstehen nicht durch Rechnen allein, sondern aus dem Gefühl für Verantwortung, für Qualität und für die Rolle, die du selbst im Prozess einnimmst. Wenn du mitgestaltest, beim Gedankensortieren unterstützt, Orientierung gibst oder Entwicklungen begleitest, greift eine Abrechnung nach Aufwandschätzung oft zu kurz.
Wenn du dich ernsthaft mit deinen Preisen auseinandersetzt und sie auf eine angemessene Stufe setzt, schafft dies Sicherheit auf beiden Seiten. Deine Preise entlasten dich und deine Kunden, weil nichts mehr zwischen den Zeilen verhandelt werden muss. Er schützt vor ständigen Nachfragen, weil er nachvollziehbar ist. Und er trägt auch dann, wenn es im Projekt einmal eng oder anstrengend wird.