Neue Studien, erschreckende Zahlen

Der Deutsche Startup-Monitor, der jährlich die Startup-Szene in Zahlen wiedergibt, wies 2018 eine weibliche Beteiligung von 15,1 Prozent und 2019 von immerhin 15,7 Prozent nach. Die aktuelle Studie des Beratungskonzerns BCG hat den Fokus noch enger eingestellt und fand heraus, dass nur 4 Prozent der Startups in Deutschland allein von Frauen – also ohne männliche Beteiligung – gegründet werden. Fragt man Unternehmerinnen nach den Gründen, fallen die Antworten höchst unterschiedlich aus.

  • Frauen-Netzwerke sind stark unterrepräsentiert. Außerdem liegt die Qualität der Pitches bei Frauen wesentlich unter der von Männern. Männer nutzen ihre Netzwerke zielführend und fordern mehr. (Amorelie-Gründerin Lea-Sopie Cramer)
  • Frauen kommen schlechter an Wagniskapital. Der Zugang ist für sie wesentlich schwieriger. (Chanyu Xu, Nahrungsergänzungsmittel-Startup Her1)
  • Frauen sind perfektionistisch. Bei einer Gründung ist Perfektion praktisch unmöglich. Außerdem fehlen weibliche Vorbilder in der Startup-Szene mit unterschiedlichen Hintergründen und Ambitionen. (Pia Frey, Gründerin von Opinary, ein Online-Umfragetool)

Ein wenig Entwarnung kann gegeben werden. Außerhalb der Startup-Szene trauen sich viel mehr Frauen zu gründen. Immerhin 37 % der in Deutschland gegründeten Unternehmen werden von Frauen auf den Weg gebracht. Das sind zwar viel mehr als die 4 % aus der Startup-Szene aber immer noch deutlich weniger als bei den Männern. Es gibt eine Reihe von kulturellen und strukturellen Hürden, die Frauen überwinden müssen. Gelingt uns das, lässt auch die Startup-Szene mehr Gründerinnen zu.

Geschlechterstereotype aufbrechen

Fakt ist, dass es nach wie vor antiquierte Geschlechterstereotype gibt. Diese aufzubrechen ist ein wesentlicher Faktor auf den Weg zu  einer ausgewogenen Startup-Szene. Eine Möglichkeit wäre bereits in Schule und Hochschule ein breites Angebot von speziell zugeschnitten Kursen aufzusetzen, die sich mit den besonderen Anforderungen der Startup-Szene für Frauen beschäftigt.  Weitere Optionen sind die Anwendung geschlechtsneutraler Sprache und Unconscious Bias Training, also das Training gegen unbewusste Voreingenommenheit, und das alles je früher, desto besser! Programme zur Förderung von Mädchen in Schulen sind ein guter Anfang. Der GründerInnen-Geist wird geweckt und das Selbstbewusstsein gestärkt.

Das kannst du tun: Gehe sorgfältig mit der Sprach um und bemühe dich, genderneutral zu sprechen und zu schreiben. Sieh dich in deinem Umfeld um und schlage in der Schule oder der Uni entsprechende Kurse und Veranstaltungen vor.

Weibliche Vorbilder präsentieren

Manchen Frauen fehlt einfach die Vorstellungskraft, wie ein weibliches Startup geführt werden kann. Es fehlen starke, differenzierte Vorbilder aus der GründerInnenszene. Mit weiblichen Vorbildern werden Geschlechterstereotype neutralisiert. Werden erfolgreiche Frauen medial porträtiert und mit ihren ganz verschiedenen Lebensentwürfen dargestellt, erkennen Mädchen und junge Frauen, wie Sie Ihren Weg in die Selbstständigkeit gehen können.

Das kannst du tun: Sitzt du an einer Schaltstelle im Bereich (Online-) Medien? Kannst du Einfluss auf Themen und Beiträge nehmen? Dann tu es! Jedes Interview mit einer Gründerin, jedes Porträt einer erfolgreichen Frau ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Doppelbelastung gerecht verteilen

In Partnerschaften zeigt sich unmissverständlich, dass nach wie vor eine klassische Rollenverteilung herrscht. Geht es um die Familie, stehen Frauen an vorderster Front. In Stunden ausgedrückt bedeutet das, dass sie im Schnitt 6 Stunden mehr Zeit mit familiären Aufgaben wie Haushalt und Kindererziehung zu tun haben als Männer. Diese 6 Stunden fehlen im Gegenzug für ein Gründungsvorhaben. Männer hingegen nehmen sich diese Zeit bzw. nutzen das Stundenplus für unternehmerische Vorhaben. Es ist wichtig, diese Schieflage aufzulösen und eine moderne und neue Rollenverteilung darzustellen und vorzuleben. So kann der jungen Generation vor Augen geführt werden, wie sich familiäre Verpflichtungen und berufliches Erfolgsstreben ausgewogen in einer Partnerschaft aufteilen lässt.

Eine zeitgemäße Aufteilung der Verpflichtungen soll das antiquierte Rollenverständnis verändern. Was sich so theoretisch anhört heißt in der Praxis oft Auseinandersetzungen und Streitereien mit dem Partner. Diese scheuen viele Frauen, sie schrecken davor zurück und trauen sich nicht, mehr zu fordern und sich mehr zu nehmen als bisher. Doch an dieser Stelle muss sich jede einzelne Frau an die eigene Nase fassen und den Mut haben, für ihren Partner „unbequem“ zu werden. Neue Gründerinnen braucht das Land bedeutet gleichzeitig: Neue Partnerschaften braucht das Land.

Die Rolle des Staates

Neben der Front auf privater Ebene braucht es natürlich auch Unterstützung vom Staat. Um Frauen mehr Raum für Geschäftsgründungen zu geben, braucht es konkrete Hilfe in Sachen Kinderbetreuung. Auf der anderen Seite gehören geltende Gesetze auf den Prüfstand. Einige Stimmen fordern zum Beispiel die Abschaffung steuerlicher Vorteile wie Ehegattensplitting und paritätische Elternzeitmodelle. Diese unterstützen die ungerechte Schieflage der Geschlechterrollen. Die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen brauchen eine grundlegende Reform, um Frauen zu entlasten und zu unterstützen.

Das kannst du tun: Bist du eine Frau, dann nutze deine Freiheit, dich selbstständig zu machen oder hilf Frauen, die es tun – auch, wenn es für den Partner unbequem werden könnte. Bist du ein Mann, unterstütze Frauen in Sachen Selbstständigkeit, natürlich auch die eigene. Teilt die familiären Verpflichtungen gerecht untereinander auf, so dass jeder Partner im vergleichbaren Maß doppelt belastet wird.

Investorenkapital zugänglich machen

Für Frauen ist es ein schwieriges Unterfangen, um an Geld von Investoren zu kommen. Die Zahlen sprechen Bände: 92 % der mit Risikokapital finanzierten Startups weisen ein rein männliches Führungsteam auf. Männliche Investoren entscheiden sich für männliche Gründer. Frauen, die als Investoren auftreten, sind rar gesät. Eine Möglichkeit, diese geringe Beteiligung zu steigern wäre eine Frauenquote bei der Vergabe staatlicher Gelder. Eine weitere Option wäre, dass private Geldgeber ebenfalls eine Mindestquote festlegen, die an Frauen gehen soll. Das würde dabei helfen, die Diversifikation zu verbessern. Das Thema Unconscious Bias ist in Unternehmen und bei Risikokaptalgebern präsent und sollte noch stärker ausgebaut werden.

Das kannst du tun: Scanne dein Netzwerk nach möglichen Geldgebern und Geldgeberinnen. Bewirb dich bei Investorenrunden und trainiere professionelles Pitching. Aber vergiss nicht, dass Investorenkapital auch immer Abhängigkeit bedeutet und Schulden nicht unbedingt der richtige Weg sind. Falls du erfolgreiche Unternehmerin bist und dich für Investments interessierst, unterstütze Gründerinnen mit Risikokapital

Netzwerke aufbauen, ausbauen und nutzen

Vitamin B ist in der Startup-Szene an der Tagesordnung. Hier sind persönliche Kontakte und Empfehlungen Gold wert. Deshalb ist es für Frauen unverzichtbar, sich in Netzwerken zu engagieren. Über die Hälfte der von Frauen geführten Startups stuft den persönlichen Zugang zum Investmentsektor als schwierig ein. Jede Frau, die in der Startup-Szene tätig ist oder außerhalb der Startup-Szene gründet, sollte schon aus strategischen Gründen netzwerken. Über Netzwerke werden Investoren gefunden, relevante Partner aufgespürt und Geschäftsbeziehungen etabliert. Es gibt bereits verschiedene Programme, die gezielt dabei helfen, Netzwerke aufzubauen und zu etablieren, doch der Bedarf ist noch nicht gedeckt. Staatliche Fördermöglichkeiten müssen in dieser Hinsicht optimiert und Finanzierungsangebote transparent präsentiert werden.

Das kannst du tun: Engagiere dich und werde Teil einer aktiv unterstützenden Community. Wähle deine beruflichen Netzwerkpartner sorgfältig aus und werde aktiv. Vergiss dabei nicht, dass du neu hinzukommenden Unternehmerinnen deine Hilfe anbietest. Gemeinsam geht es besser!

 

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