Exzesse ziehen Schäden nach sich

Wettrüsten im Business bedeutet etwa, noch lauteres Marketing zu betreiben, noch mehr Geld in Kampagnen stecken, noch tiefere Preise kalkulieren, noch größere Versprechen zu formulieren. Ein Blick zurück in die Vergangenheit zeigt, dass im Bankensektor eine solche Dynamik krachend gescheitert ist. Viele Bereiche sind längst übersättigt und die Exzesse des permanenten Übertrumpfens nehmen vermutlich auch in nächster Zeit kein Ende. Doch, dass Exzesse nicht ewig währen können, liegt in der Natur der Sache, denn Exzesse haben drei signifikante Merkmale: Sie sind endlich, sie laugen bis zur Erschöpfung aus und so manch einer ist danach nicht mehr der Alte.

Wir haben, sehen, nutzen, machen, kaufen von allem zu viel 

So mancher predigt Wasser und trinkt Wein, vielleicht gehörst auch du dazu oder kennst Menschen die dieser Gruppe gehören. Sie predigen Umweltfreundlichkeit und fliegen kurz darauf mit einer Billigairline nach Asien. Sie verfechten eine gesunde, ökologisch und ethisch vertretbare Ernährung und decken sich gleichzeitig mit industriell hergestellten Nahrungsergänzungsmitteln ein. In nahezu allen Bereichen unseres Lebens haben wir es mit Übertreibungen zu tun:

  • Tourismus: Touristisch attraktive Ziele sind überfüllt. Die Menschenmassen überrennen Strände, Städte, Kulturgüter und Landschaften. Die Tendenz, mindestens zwei aber lieber noch drei oder viermal im Jahr in Urlaub zu fahren ist nach wie vor ungebrochen. Am besten möglichst weit und exotisch, zumindest aber für kleines Geld irgendwo ans Meer. Viele warten darauf, endlich wieder in den Flieger steigen zu dürfen, um an einen überlaufenen touristischen Ort zu fahren, den man unbedingt gesehen haben muss. Die Diskrepanz zwischen dem Trend zu mehr Nachhaltigkeit sowie Umweltbewusstsein und dem faktischen Freizeitverhalten ist nicht zu übersehen.

  • Ernährung: Wir bekommen den Hals nicht voll. Inzwischen verfettet unsere Gesellschaft und Nahrungs- und Genussmittel avancieren zu Suchtmitteln. Die Über-Ernährung macht uns krank und wird kaum zu vermeidende Konsequenzen für die Lebensmittelindustrie nach sich ziehen.

  • Mode: Die Fashion-Industrie liefert Kollektionen im Quartals-Takt und manchmal noch öfter. Die Preise sind auf ein fast unterirdisches Level gefallen und bringen die Branche in eine prekäre Situation. 

  • Shopping: Außerhalb der Innenstädte werden Outlets aus dem Boden gestampft, was die Krise der Händler in den Städten verschärft. Doch je mehr Outlets, Malls und Super-Stores auf der grünen Wiese errichtet werden, desto größer ist der Konkurrenzkampf und desto weniger wirtschaftlich arbeiten sie. Der Online-Handel wächst stetig an, so dass zu erwarten ist, dass früher oder später auch die jetzt noch gut besuchten Stores immer weniger Kunden haben werden und schließen müssen.

  • Medienkonsum: Um die Aufmerksamkeit der User zu bekommen, tun manche Firmen praktisch alles. Sie schreien lauter, prangern an und formulieren Überschriften, die zum Klicken anreizen. Clickbaitings spielt mit der Neugier und dem voyeuristischen Interesse der Leser, ähnlich wie bei einem Cliffhanger am Ende einer Serienstaffel. Experten gehen davon aus, dass sich das mediale System auf diese Weise selbst sabotiert. Die Flut der aufmerksamkeitsheischenden Meldungen ist so groß, dass wirklich Relevantes nicht mehr ins Auge fällt. Das Szenario könnte sich so weiter entwickeln: Der Trend, sich gezielt mit gesicherten, seriösen Informationen zu versorgen, läuft in die entgegengesetzte Richtung und ignoriert bewusst die stetige Informationsflut, die mittelfristig immer geringere Klickraten verzeichnet und dadurch unrentabel wird.

  • Marketing: Geiz ist immer noch geil und viele Firmen verfahren genau nach dieser Billig-Strategie. Allerdings lässt sich davon nicht leben und deshalb werden viele Billigprodukte im Nachhinein verteuert. Das Werbeversprechen wird nicht eingehalten. Typisches Beispiel ist ein Billig-Flugticket, bei dem Passagiere nur gegen einen Aufpreis Handgepäck mitnehmen dürfen. Bei diesem Modell des Verschleuderns von wertvollen Produkten oder Dienstleistungen ist ein Zusammenbruch vorhersehbar. Die Marketingbranche muss sich die Frage gefallen lassen, ob sie eine der Kernaufgabe des Marktes noch ein Auge hat, nämlich die Erfüllung von menschlichen Bedürfnissen.

Falsch verstandene Digitalisierung

Die Digitalisierung hilft eigentlich dabei, effizienter zu arbeiten, um mehr Zeit für das Wesentliche zu gewinnen. Bei Unternehmen wäre das Wesentliche etwa der Kunde. Doch stattdessen wird Digitalisierung von vielen Unternehmen nicht richtig begriffen und schlichtweg zur Rationalisierung benutzt. Kunden bekommen in diesem neuen System nicht etwa einen positiven Wert, sondern werden als Kostenfaktor betrachtet. Statt Kundenbeziehungen zu pflegen, werden Kunden auf digitale Helfer-Tools in Form von algorithmischen Operationen umgeleitet. Persönliche Betreuung? Fehlanzeige. Hier droht die Gefahr, dass die Beziehung zu Kundinnen und Kunden nachhaltig gestört wird. Es geht nicht mehr länger darum, Kunden zu verstehen, sondern sie sich vom Leib zu halten, damit sie keine Kosten verursachen. Eine verrückte und völlig irrwitzige Entwicklung.

Back to New Normal: Vertrauen und Transparenz prägen die Kundenbeziehung

Der Overkill, der sich aus dem Business-Wettrüsten ergibt, mündet in einer Katastrophe. Firmen, die diesen Aspekt erkennen und sich entsprechend neu aufstellen, steuern in ruhigeres Fahrwasser. Es ist geprägt von vertrauensvollen und transparenten Kundenbeziehungen, die wichtiger Teil im New-Normal-Business sind. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Unser zweiter Teil der Serie zeigt, wie du den Weg zum New Normal findest.

 

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