Wie Not eine (ökonomische) Tugend hervorbringt
Wenn der Staat die Existenzgrundlage sperrt und von heute auf morgen keine Umsätze mehr fließen, stehen Unternehmen mit dem Rücken zur Wand. Schausteller dürfen bis zum 31.08.2020 nicht arbeiten, Reisebüros können nur in stark eingeschränktem Umfang Leistungen verkaufen. Großveranstaltungen, die für viele Künstler wesentliche Einnahmequelle sind, werden bis auf Weiteres nicht stattfinden. In diesem existenzvernichtendem Szenario hat derjenige einen Vorteil, der Solidaritätspotenzial in der Wirtschaft erkennt und auch erschließen kann. Dieser Beitrag stellt vor, wie ungewöhnliche Kooperationen zu neuen Geschäftsmodellen führen können. Damit lässt sich nicht nur ein Totalausfall verhindern, sondern sogar neues Umsatzpotenzial entdecken.
Tatort Bocholt: Fahrräder gehen auf die Reise
Ein interessantes Kooperationsprojekt findet sich in der Kleinstadt Bocholt. Hier hat sich ein namhafter Fahrradhändler mit einem Reisebüro zusammengetan. Manche sagen, dass das Vorhaben schon längere Zeit feststand. Dennoch kann es als positives Beispiel dienen, um die Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Verlierern der Corona-Krise und den Gewinnern deutlich zu machen.
Die Story in aller Kürze: Das Reisebüro stellt dem Fahrradhändler seine Geschäftsräume im Erdgeschoss zur Verfügung, der dort einen Pop-Up-Store eröffnet. Auf diese Weise erschließt sich der Fahrradhändler neue Kunden und das Reisebüro kann durch die eingenommenen Miete die Fixkosten für die Geschäftsräume senken. Während unten der Verkauf von E-Bikes & Co läuft, können Kunden sich anschließend im Reisebüro zu Fahrradreisen beraten lassen.
Der Fahrradhändler ist kein kleiner Einzelhändler, sondern ein größeres Unternehmen, welches seit längerem über flexible und kooperative Businessmodelle nachdenkt. Es war auch schon vor Corona darum bemüht, entsprechende Kooperationen im Handel zu etablieren, insofern haben die Kritiker recht. Die solidarische Zusammenarbeit ist für beide Beteiligte perspektivisch von Vorteil. Der Fahrradhändler hilft dem Reisebüro zunächst einmal mit der Miete durch die schwere Zeit und sieht das Potenzial, welches darin steckt. Immerhin ist Münster buchstäblich eine Fahrrad-Hochburg und viele potenzielle Kunden sind in der Region ansässig.
Mit dem neuen Store im Herzen von Münster dürfte sich das solidarische Engagement für beide Seiten auszahlen. Langfristig gesehen könnten beide Unternehmen dahingehend kooperieren, dass sie zusammen eine Angebotsportfolio erarbeiten, welches sich rund um das Thema Fahrradurlaub dreht.