Autos raus, Menschen rein!

Ein Auto ist längst nicht mehr da Statussymbol, was es einst war. Sicher, es ist wichtiges Transportmittel für viele, insbesondere im ländlichen Raum. Doch in Zukunft wird es vermutlich nur eine von zahlreichen Möglichkeit sein, sich autonom fortzubewegen. Für Innenstädte bedeutet dies schon heute, dass Straßenräume so umgestaltet werden, dass der Mensch mehr Platz bekommt. Parkflächen werden ersatzlos gestrichen und stattdessen Radwege und Bürgersteige gebaut. Die Querschnitte von innerstädtischen Straßen ändern sich bereits heute radikal. Radfahrer und Fußgänger sowie der ÖPNV bekommen immer mehr Platz, Autos werden immer weiter aus dem Verkehrsraum gedrängt. Aus dem Umdenken ist bereits ein Umbauen geworden, welches bereits messbare positive Konsequenzen zeigt. Die Lebensqualität in der Stadt steigt. Das Wohnen, Leben und Arbeiten wird entspannter und gesünder. Die Mobilität der Zukunft ist leise und die Sicherheit auf den Straßen verbessert sich.

Ein Blick über den Tellerrand nach Frankreich und Italien

Paris und Mailand sind Vorreiter, wenn es darum geht, Autos aus der Stadt zu verweisen. Paris nennt sich selbst die 15-Minuten-Stadt. Dahinter steht der Gedanke, dass Bürger mit dem Rad oder zu Fuß innerhalb von 15 Minuten von der Wohnung zur Arbeit oder zum Einkaufen gelangen. Jede einzelne Straße in Paris soll mit Radwegen versehen werden. 

Auch Mailand hat einen radikalen Umbau vorgesehen. Die am stärksten befahrene Straße durch die Stadt wird zugunsten des Radverkehrs und des Fußgängerverkehrs vollständig umgestaltet. Frankreich und Italien erfinden sich neu. Welche Learnings lassen sich daraus ableiten? Das Zukunftsinstitut stellt hierzu eine umfangreiches Dossierrund um den Megatrend Mobilität bereit.

Zurück zu den möglichen Szenarien, die die Zukunft der Tankstellen betreffen. Tankstellenbetreiber pachten in der Regel die Grundstücke, auf der die Tankstelle steht. den Sprit beziehen sie mittels vertraglich vereinbarter Konzession von den Konzernen. Heruntergebrochen auf die Praxis bedeutet dies, dass viele Städte und Gemeinden maßgeblich Einfluss nehmen, wenn es um die Zukunft der örtlichen Tankstellen geht. Letztlich haben sie die Wahl zwischen den Verbrauchern und den Energielieferanten. Wer ist ihnen wichtiger, wofür werden sie sich entscheiden?

Eine Entscheidungsmöglichkeit liegt darin, die Tankstellen zukünftig in eine Art Energiesystem einzugliedern. Das würde bedeuten, dass Fahrzeuge auch weiterhin zum Auftanken oder Nachladen zur Tankstelle fahren, wobei das Angebot der Zukunft differenzierter ist und zum Beispiel auch Wasserstoff bereithält.

Die Alternative zur Energie-Tankstelle ist ein System, dass die Mobilität in den Fokus nimmt. Die Tankstelle wird Zentrum für verschiedene Mobilitätsanbieter, die ihre Dienstleistungen hier zur Verfügung stellen. Mobilität wird zur Leistung, die bei Bedarf erworben wird. Beide Systeme haben ihre Befürworter und ihre Kritiker. Wir können zwar nicht in die Zukunft blicken, doch wir halten es für wahrscheinlich, dass beide Systeme nebeneinander existieren. 

Es lassen sich einige Mobilitäts- bzw. Energieversorgungskonzepte auf diesen beiden Grundannahmen kreieren. Vier mögliche stellen wir dir jetzt vor.

Konzept 1: Tankstellenbetreiber bleiben bei ihrem Geschäftsmodell

Es ist recht wahrscheinlich, dass viele Tankstellenbetreiber von dem althergebrachten Geschäftsmodell nicht abrücken wollen. Schließlich funktioniert ihr Business seit Jahrzehnten. Doch der Mobilitätswandel lässt sich nicht aufhalten und Tankstellenbesitzer müssen ihn mitgehen, wenn sie nicht auf der Strecke bleiben wollen. Es ist anzunehmen, dass viele langsam und Schritt für Schritt neue Leistungsbausteine und Angebote integrieren. Die Tankstellen adaptieren sich an die neuen Anforderungen, die Menschen an die Mobilität stellen.  

Bereits heute verdienen Tankstellen nicht unbedingt mit dem Verkauf von Kraftstoffen das meiste Geld. Zusatzangebote wie Autowäsche, Zeitschriften Süßigkeiten, Zigaretten, Alkohol und ein Sortiment für den täglichen Bedarf sind üblich und werden stark nachgefragt. Tatsächlich tanken nur 40% aller Kunden an einer Tankstelle. Die überwältigende Mehrheit kauft anderes dort ein und fragt nicht in erster Linie Kraftstoff oder Kfz-Wartung oder Reparaturen nach. 

Werkstätten verschwinden

Wie bereits jetzt zu beobachten ist, haben immer weniger Tankstellen eine eigene Werkstatt. Wird sich die Mobilität dahin gehend verändern, dass Verbraucher keine eigenen Autos mehr fahren, sondern Fahrzeuge lediglich bei Bedarf von Anbietern mieten, werden noch mehr Werkstätte verschwinden. Die Tatsache, dass gewerblich genutzte Fahrzeuge in der Regel mit Werkstattbindung arbeiten, forciert diese Entwicklung weiter.

Elektrische Ladepunkte nehmen zu

Und welche Angebote werden neu an Tankstellen sein? Elektrische Ladestationen für Elektroautos sind teilweise bereits vorhanden und ihre Anzahl wird vermutlich Jahr für Jahr zunehmen. Dies gilt vor allem für Tankstellen, die entlang von überregionalen Fahrwegen ihren Standort haben. Auf Langstreckenfahrten müssen Autofahrer einen Zwischenhalt einlegen, um Energie nachzuladen, damit sie an ihr weit entferntes Ziel gelangen. 

Der Bedarf nach Schnellladestationen wächst, doch wenn die Technik weiterhin so teuer bleibt, werden nur wenige Tankstellen die Investitionen auf sich nehmen. Es ist wahrscheinlicher, dass in nächster Zukunft Ladesäulen mit normaler Ladegeschwindigkeit bereitgestellt werden. 

Sofern nicht ein innovativer Entrepreneur mit einer bahnbrechenden stationären Ladetechnik aufwartet, die konkurrenzlos günstig und qualitativ unschlagbar ist, wird sich die Tankstelle nur schwerfällig an die neuen Entwicklungen anpassen können. Solltest du an dieser Schnittstelle an einer cleveren Geschäftsidee arbeiten, stehen die Chancen auf Erfolg sehr gut.

Konzept 2: Ladezentrum für Elektro- und Wasserstofffahrzeuge

Bei dieser denkbaren Entwicklung wird den neuen Antrieben Rechnung getragen, indem zentrale Anlaufpunkte für Elektro- und Wasserstofffahrzeuge aufgebaut werden. Dazu wären ebenfalls hohe Investitionen nötig, die den Kreis der Investoren einschränken. Wäre eine Schwarmfinanzierung denkbar, die das Geld vieler einzelner Investoren bündelt und das Ziel verfolgt, das Gemeingut Energie für alle zu fairen Preisen anzubieten? Ja. Auch diese Idee ist gar nicht so unrealistisch, wenn auch mit vielen Unwägbarkeiten und Herausforderungen verbunden. Dennoch, wer sich dazu berufen fühlt, sich mit diesem Ansatz ernsthaft auseinander zu setzen, kann aussichtsreiche visionäre Geschäftsideen zu tragfähigen Konzepten weiterentwickeln. 

Doch bis es soweit ist, werden sich vermutlich zunächst finanzstarke Konzerne in diesem Marktsegment breit machen und zentrale Ladeeinrichtungen installieren. Im ersten Schritt wäre Experten zufolge ein schrittweiser Ausbau auf rund 1000 Tankstellen für Wasserstofffahrzeuge erforderlich. Was die Elektroladesäulen angeht, die über eine Schnellladefunktion verfügen, war bereits Ende 2021 zu lesen, dass Aral mehr als 500 Ladepunkte unter der Bezeichnung “Aral pulse” an 500 Standorten eingerichtet hat. Die Leistung beträgt bis zu 350 Kilowatt und das bedeutet, dass ein Elektroauto in einer Zeitspanne von 10 Minuten so viel Energie laden kann, dass es bis zu 350 km weit fährt.

Ladezentrum statt Tankstelle

Die Tankstelle von heute entwickelt sich zum Ladezentrum von morgen. Wird in regelrechte Ladezentren für postfossile Antriebe investiert, werden sich auf den entsprechenden Flächen voraussichtlich auch Anbieter von Carsharing-Konzepten, Mietwagen oder Lieferflotten ansiedeln. Die bevorzugte Standorte lägen dann außerhalb der Innenstädte, was ungünstig für die Menschen ist, die sich vorwiegend innerstädtisch bewegen. Deshalb würden vermutlich auch innerhalb der Stadtgrenzen einige kleinere Ladezentren entstehen, damit die Verbraucher jederzeit Zugriff auf notwendige Energie für ihre Fahrzeuge haben.

Konzept 3: Treffen statt Tanken

Die dritte Möglichkeit, wie sich Tankstellen zukünftig entwickeln, ist, dass sie ihr Angebot weg vom Tanken und hin zum sozialen Treffpunkt ausprägen. Es überwiegt die Funktionen als kleiner Supermarkt, Paketzentrum, Café, Kulturbüro und anderes mehr. So gibt es Trinkhallen und Bistros, Kulturbühnen und Drive-ins. .

Die Tankstellen in diesem denkbaren Szenario entwickeln sich weg vom eigentlichen Dienstleister und hin zum Ort der Begegnung. Natürlich darf auch getankt werden, doch da tanken in der Innenstadt immer seltener gefragt wird, überwiegt die Funktion als sozialer Treffpunkt. 

Investitionen der Tankstellenbetreiber gehen deshalb nicht in den technischen Ausbau, um die postfossilen Energien bereitstellen zu können. Diese Aufgabe überlassen sie anderen, finanzstarken Playern. Stattdessen wachsen vielfältige kulturelle und soziale Angebote, die die Innenstädte lebenswerter machen. Vom Tankpunkt zum Treffpunkt - so lässt sich diese mögliche Entwicklung knapp zusammenfassen.

Konzept 4: Neue Mobilität, neues Geschäftsmodell

Während die ersten drei Konzepte sich in erster Linie mit Energiekonzepten vereinbaren lassen, hat das vierte Konzept die reine Mobilität im Fokus. Bei dieser möglichen Entwicklungen wird davon ausgegangen, dass immer weniger Verbraucher ein eigenes Fahrzeug besitzen. Stattdessen werden Fahrzeuge nach Bedarf gemietet. Deshalb wird aus der jetzigen Tankstelle ein Mini-Mobilitäts-Zentrum. Hier sind verschiedene Mobilitätsangebote und begleitende Dienstleistungen zu finden. Die folgenden Angebote könnten in einem Geschäftsmodell der Zukunft verfügbar sein:

  • Carsharing, Auto-Mietstationen und Anbieter für Auto-Abo-Modelle
  • Haltestelle für ÖPNV und Fernreise-Mobilität (Busse, Bahnlinien, Anbindung an Flughäfen)
  • Informations- und Serviceangebote rund um Mobilität
  • Ladepunkte
  • Austauschservice für Batterien, z. B. für Scooter, Autos, Busse und LKW 

Bei diesem Geschäftsmodell richtet sich das Service-Angebot an Sharing Fahrzeuge, nicht aber an privat genutzten Einzelfahrzeuge. Wer in Zukunft ein eigenes Auto hat, muss dieses auf eigene Faust zu Hause oder über Ladestationen im öffentlichen Raum mit Energie versorgen und auf anderen Wegen an Serviceleistungen kommen.

Fazit: Mobilität oder Energie anbieten?

Werden Tankstellen der Zukunft nach wie vor Energien anbieten oder wäre die finanzielle Kraftanstrengung zu groß, um Wasserstoff und andere Treibstoffe bereitzustellen? Ist es überhaupt sinnvoll, dezentrale Tankstellennetze aufrecht zu erhalten oder ist es sinnvoller, weniger und dafür besser ausgebaute Ladeparks am Stadtrand zu errichten? Die vier vorgestellten denkbaren Konzepte sind nur eine kleine Auswahl der möglichen Entwicklungen, die außerdem an die Gegebenheiten im Jahr 2022 anknüpfen. Doch wenn die technischen Entwicklungen weiter so rasant stattfinden, könnte bereits in 12,24 oder 36 Monaten ein neuer Aspekt auf den Plan treten, der eine ganz neue Richtung vorgibt. 

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