Die Ideengeschichte der Teekampagne

Am Anfang ist es nur ein Gedanke: dass man Teehandel vielleicht ganz anders als in den herkömmlichen Formen organisieren und hohe Qualität preiswerter anbieten könne. Das Ergebnis einer langen Konzeptentwicklung sind Beschränkung auf nur eine einzige Teesorte, kein Zwischenhandel, nur Großpackungen sowie Verkauf per Mailorder und Internet. Die Teekampagne hat mit dieser unkonventionellen Variante des Teehandels viel geringere Kosten, sodass dadurch eine Preis- und Qualitätsführerschaft möglich ist.

Prof. Günter Faltin

Die Ideengeschichte der Teekampagne gleicht einem Puzzle, das sich über Jahre zusammensetzt. 
Ein Studium an der Wirtschaftshochschule im schweizerischen St. Gallen steht am Anfang und der Einkauf in einem der Migros-Läden (die Tafel Schokolade für ganze 40 Rappen!). Der Gründer von Migros, Gottlieb Duttweiler, gerät in den Blick: Seine Ausrichtung auf Produktwahrheit und hohe Qualität, seine Suche nach einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis werden zu Teilen des Puzzles. 


Später: Besuche in Ländern der Dritten Welt, wo die Preise für Kaffee, Tee, Kakao, Bananen oder Zucker bei etwa einem Zehntel derer in Mitteleuropa liegen. Warum sind die Preise bei uns so hoch? Wegen der Fracht- und Versicherungskosten? 
Wegen der Handelsspannen? Es stellt sich heraus: Teuer sind nicht Fracht oder Versicherung, sondern das Verpackungsmaterial für die üblichen Kleinpackungen und der aufwändige Vertriebsweg. Also: Material sparen und einen einfachen Vertriebsweg finden? Das Puzzle gewinnt Konturen. 

Wie steht es um die Haltbarkeit des Tees?

Sie ist wichtig, wenn Verbraucher auf Kleinpackungen verzichten sollen. Die Händler sagen, Tee halte zwei bis drei Jahre. Hielte er auch nur ein Jahr, würde es reichen, wenn die Kunden ihren Jahresvorrat einkauften. Dann könnte man Großpackungen anbieten und die Einsparung an Verpackungskosten als hohen Preisvorteil an die Kunden weitergeben. 

Was ist mit der Sortenvielfalt?

Kann man sie einschränken? Wenn viele Sorten viele Umstände bereiten, der Vertrieb damit teuer wird, wie wäre es mit nur einer Sorte? Dann würde die Einkaufsmenge groß sein - groß genug, dass es ökonomisch Sinn macht, den Zwischenhandel auszuschalten und direkt in Indien einzukaufen. Sind Verbraucher dazu zu bewegen, aus bis zu 140 Sorten Tee nur eine zu wählen und ein Jahr lang zu trinken?

Für einen Moment sieht es aus, als würde die Idee hier scheitern. Wenn die Kunden gewohnt sind, aus vielen Sorten auswählen zu können, warum sollten sie sich einschränken? 

Eine Denkpause entsteht, aber am Ende regt sich wieder Optimismus. Vielleicht doch die Auswahl radikal beschränken! Wenn der Einkaufspreis (weil vergleichsweise niedrig) nur eine untergeordnete Rolle spielt, dann kann man einen sehr teuren, ja den besten Tee der Welt kaufen. Der - da sind sich die Experten einig - wächst an den Südhängen des Himalajas und trägt den Namen des Distrikts: Darjeeling.

Wenn man so guten Tee haben kann, und den besonders preiswert, vielleicht lässt dies die Kunden auf die Auswahl verzichten? Das Puzzle vervollständigt sich. 


Die Teekampagne verkauft von Anfang an nur 100%igen, reinen Darjeeling.
Dies nützt auch den indischen Produzenten, die klagen, dass es außer ihrem Darjeeling auch noch anderen gibt. Der Tea Board of India schätzt, dass weltweit etwa 40.000 Tonnen pro Jahr als Darjeeling angeboten werden, obwohl im eigentlichen Distrikt nur ca. 10.000 Tonnen wachsen. Je mehr echter Darjeeling nachgefragt wird, desto höhere Preise erhalten die Erzeuger für ihr hochwertiges, arbeitsintensives Originalprodukt. Bleibt der Tee ungestreckt, dann konkurrieren die Händler um die begrenzte Erntemenge und müssen höhere Preise bewilligen. 

Wie kann man den besten Tee der Welt preiswerter anbieten?

Wenn man den besten Tee preiswerter anbietet als der übrige Handel, kann man dann nicht Vorauskasse von den Kunden verlangen? Man kann! Und ist damit Finanzierungssorgen los. (Beim Start des Teeversands wurden die Kunden um einen 
Vorausscheck gebeten. Sie akzeptierten.) Hätten die Banken Kapital zur Verfügung gestellt? Wohl kaum. Banken wollen Sicherheiten, keine unkonventionellen Ideen. 

Das unternehmerische Risiko der Teekampagne lag anfangs vor allem darin, ob die Käufer überzeugt werden können, ihren Jahresbedarf in Großpackungen zu kaufen, wenn dies mit einem erheblichen Preisvorteil belohnt wird. Verbunden damit war die 
Hoffnung, dass eine konsequente Verbraucheraufklärung von den Kunden auch honoriert wird. Ja sogar, dass es gelingt, durch eine Art "Erziehung" (einen schweren Verstoß gegen herkömmliches Marketing!) die Verbraucher an ein neues Konzept zu gewöhnen, das ihnen erhebliche Vorteile bietet; dass es gelingt, einer neuen Einfachheit eine überzeugende Ökonomie zu geben. 

Die Teekampagne heute

Heute hat die Teekampagne über 170.000 Kunden, verkauft rund 400.000 kg Tee pro Jahr, verpackt zu 90 % in 1-kg-Großpackungen, beschäftigt 15 Mitarbeiter, ist größtes Teeversandhaus in der Bundesrepublik und - nach Angaben des Tea Board of India - Weltgrößter Importeur von Darjeeling und vertreibt den Tee auch international (z. B. in England, Frankreich, Spanien, den USA, Kanada oder Australien).

Nachzulesen bei: Günter Faltin, Wie aus Ideen Unternehmen werden

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